Beschädigtes Selbstwertgefühl, weil man als F+ versteckt wird, andere aber offen präsentiert werden.

Hallo zusammen!

TLDR: Es geht um eine für mich ungewohnte Situation mit einer guten Freunden, mit der ich letztens betrunken aber beidseitig es wollend im Bett gelandet bin. Wenige Tage später sehe ich, dass sie parallel eine weitere hat und ich fühle mich seitdem extrem unwohl und habe auch etwas pissig darauf reagiert. Seitdem kein Kontakt mehr gehabt.

Vorgeschichte:

Ich (M, 32) bin aktuell (nicht nur wegen des hier geschilderten Falls) mit vielen mich quälenden Gedankengängen konfrontiert. Die Frage ist etwas komplexer, als ich sie in einem Satz erklären könnte.

Ich kenne die besagte Person (W, 36) seit einigen Jahren, da wir in der gleichen Organisation tätig sind. Sie hatte vor einigen Jahren mal eine Liason mit meinem ehem. WG-Mitbewohner, den ich aus hiervon komplett gelösten Gründen rauswerfen musste. Wir aber hatten weiter Kontakt und uns immer gut verstanden. Da mir in letzter Zeit viele meiner Freundinnen (nicht Partnerinnen) abhanden gekommen sind, hatte sie für die ganzen zwischenmenschlichen Themen den Platz bei mir dafür eingenommen. Sie selbst ist eigener Aussage nach kein Beziehungsmensch und hat daher oft kurzfristige Engagements, von dessen Erzählungen ich auch viel interessante Eindrücke mitnehmen konnte, weil ich eher ein monogamer Mensch bin und auch nur eine Langzeitbeziehung (6 Jahre) während meiner Studiumszeit hatte. Bei ihr konnte ich meine auch sehr privaten Probleme und Themen stets offen und vorurteilsfrei besprechen und sie auch ihre.

Vor etwa einem Monat waren wir bei einem Freund von mir in seiner Gastronomie versackt und da er früher Feierabend machen wollte, ging es nach Hause wo wir noch ein bisschen weiter quatschen und trinken wollten. Da wir an dem Abend viel über Sehnsüchte und innere Wünsche redeten machten wir Witze, dass wir ja uns so gut verstehen, dass wir das aus Spaß auch "mal" machen könnten. Kurz gesagt fing man aus Spaß an zu knutschen und man landete schlussendlich in der Kiste. Das Ganze war aufgrund des tiefen Kennens sehr vertraut und schön. Am nächsten Morgen war auch alles entspannt und wir waren uns auch einig, dass wir das nicht voreilig rumerzählen und wir das Ganze auch als gemeinsamen Spaß ohne jegliche Beziehungstüdelei sehen. All das war mir auch kein Problem, weil wir uns auch sehr intensiv vertrauen und ich ihr absolut glauben kann.

Zum akuten Fall:

Sie wollte vor 2 Wochen in der Stadt in einer Bar Geburtstag feiern und obwohl ich nicht zwingend Fan von vollen, lauten Bars mehr bin, wollte ich ihr zuliebe natürlich mindestens für eine gewisse Zeit beiwohnen und anstoßen. Sie freute sich ausdrücklich, dass ich gekommen war, es waren sonst nur ihr Bruder (kurzzeitig), ihre Freundin samt Partner und noch ein Freund von ihr dabei. Mit dem Abend wurde es natürlich lässiger und als wir unter uns kurz über unsere "über Freundschaft hinausgehende" gegenseitige Bekanntschaft sprachen, gab sie mir ein klares Zeichen, nicht darüber vor den Anderen zu reden. Das Ganze war für mich erstmal auch kein Thema. Als sie mir etwas später etwas sehr direkt verkündete, dass sie mit dem anderen Freund von ihr auch Sex hat, war ich mit dieser ungefragen Auskunft etwas hart irritiert und sagte "Ja, mit dem denn noch nicht?". Darauf hin verwand sie kurz. Da ich merkte, dass ich total am Ziel meiner Aussage vorbei war, habe mich kurz darauf sofort entschuldigt. Ich sagte ihr, dass es auch nicht so gemeint war, wie ich es spontan formuliert habe. Gemeint war eigentlich, dass sie ja generell einen ungezwungen Umgang mit männlichen Freunden pflegen kann, was mir eher schwerfallen würde, obwohl ich ja inzwischen die gleiche Erfahrung mit ihr gemacht habe. Nachdem wir uns ausgesprochen hatten, schien alles okay. Kurze Zeit später fing sie allerdings vor meiner Nase etwas hemmungslos mit dem anderen Freund rumzuknutschen. Je länger ich das sah, desto mehr fühlte ich mich brutal schlecht, sodass ich kurz später (sie war wie im Rausch) fast heulend die Bar verließ und nach Hause ging. Den restlichen Tag bzw. Wochenende fühlte ich mich kotzübel und mental total am Ende.

Meine Gedanken:

Was mich nach reiflicher Überlegung und Reflektion mit engsten Freunden wohl getriggert hat, war wahrscheinlich die Erfahrung, dass ich vor Anderen verheimlicht werde, obwohl man mir unter vier Augen sagt, was ich für ein wichtiger, toller Mensch für sie sei. Wenige Tage vorher hatte man mit dieser Personen das erste mal überhaupt nach seiner ersten Partnerin und 4 Jahren Singledasein Sex und kurze Zeit wieder das Gefühl von Vertrautheit und Intimität. Mit dieser Situation, dass ich mich vor anderen Freunden von ihr verstecken muss, während sie kein Problem hat, mit dem anderen Freund auf einmal vor mir (und allen Anderen) rumzumachen habe ich mit massiv entwertet gefühlt. Auch meine Ex-Freundin hatte mich aus Angst vor dem Urteil ihrer Freunde zu Beginn viele Monate komplett verschwiegen. Damals fand ich das auch nicht toll, war aber noch 23. Mit nun 32 wünsche ich mir – wie wohl jeder Mensch – irgendwie Klarheit. Wir hatten seit diesem Abend vor 2 Wochen keinen Kontakt mehr. Da wir aber viel in der gleiche Organisation tun, werden wir uns noch garantiert über den Weg laufen.

Nach dieser Geschichte frage ich mich immer noch folgendes:

  1. Ist mein Gefühl legitim, dass dieses "Ich verheimliche dich als F+, präsentiere aber den Anderen vor allen" richtig mies war?

  2. Seht ihr mich oder sie in der Pflicht, als Erstes zur Aufarbeitung dieser Situation auf den Anderen zuzugehen?

  3. Auch wenn ich klar keine Beziehungsallüren habe: Ist F+ nicht etwas Sukzessives, statt Paralleles, wo man den Anderen drüber informiert, wenn es nicht (auch vorübergehend) etwas exklusives ist?

Ich hoffe Ihr habt gute Gedankenanstöße dazu!
Liebe Grüße